Schon ein kurzer Blick auf die Statistik und den Kader der Rot-Weissen genügt, um festzustellen, in welchem Bereich der Schuh bei den Essenern drückt. Nur zehn Tore hat RWE in zwölf Rückrunden-Spielen kassiert. Keine Mannschaft der Liga kann einen besseren Wert vorweisen. Demgegenüber stehen allerdings nur zwölf selbst erzielte Treffer. Bis zu seinem Siegtor gegen die Schalker U23 blieb Marcel Platzek fünf Spiele lang ohne eigenen Treffer. Den erfolgreichsten Essener Angreifer (12 Tore, 10 Vorlagen) plagten zuletzt Atemprobleme. Aus diesem Grund wurde er am Dienstag an der Nase operiert. Nun fehlt Platzek seiner Mannschaft rund drei Wochen. Einen Ersatz gibt es nicht, denn der Vertrag mit Routinier Frank Löning wurde zu Beginn des Monats vorzeitig aufgelöst.
RWE gehen die Stürmer aus. Trainer Sven Demandt spricht die dünne Personaldecke im Offensivbereich offen an: "Wir haben vorne nichts", betont Demandt. "Hinten stehen wir richtig gut. In der Offensive haben wir Probleme, weil uns die Alternativen fehlen."
In Hinblick auf die nächste Saison haben Demandt und Manager Jürgen Lucas auf dieser Position den größten Handlungsbedarf. Seit Wochen sucht RWE einen treffsicheren Mittelstürmer. Doch bekanntlich sind die finanziellen Möglichkeiten an der Hafenstraße derzeit stark begrenzt. Demandt skizziert deshalb ein klares Anforderungsprofil: Gesucht wird ein Spieler aus derselben Liga, der auch bereit ist, finanzielle Abstriche zu machen. Spieler weit außerhalb der Region dürften somit nicht mehr infrage kommen. Das war vor allem in der vergangenen Saison in Essen anders. "Es würde keinen Sinn machen, Spieler aus aller Herren Länder zu verpflichten", sagt er. "Wir müssen Jungs finden, die hier reinpassen. Die wissen, worauf sie sich einlassen und die keine Angst davor haben, vor mindestens 6000 Zuschauern zu spielen. Jürgen Lucas und ich kennen uns in der Regionalliga West sehr gut aus. Es gibt hier genügend Spieler, die Tore erzielen und uns dadurch besser machen können", erklärt Demandt.
Namen wollte der erfahrene RWE-Trainer auf Nachfrage nicht nennen. Doch RevierSport nennt fünf Kandidaten, die in das Essener Beuteschema passen könnten.
Simon Engelmann (28, Rot-Weiß Oberhausen) Bilanz 2016/17: 26 Spiele, 12 Tore, 8 Vorlagen Der Angreifer aus der Nachbarstadt gehört seit Jahren zu den erfolgreichsten Stürmern der Regionalliga West. In 133 Spielen für den SC Verl und Rot-Weiß Oberhausen gelangen Engelmann 54 Tore. In der laufenden Saison sind es bisher zwölf Treffer. Sechs davon erzielte er in zwei Spielen gegen den Bonner SC. An guten Tagen kann der technisch versierte Linksfuß Partien im Alleingang entscheiden. Vor dem Tor ist er in der Regel kaltschnäuzig. Phasenweise wirkt er phlegmatisch und macht zu wenig aus seinen zweifellos vorhandenen Möglichkeiten. Sein Vertrag in Oberhausen läuft aus.
RWO-Stürmer Simon Engelmann war in dieser Saison zwölf Mal erfolgreich
Daniel Keita-Ruel (27, SG Wattenscheid 09) Bilanz 2016/17: 28 Spiele, 11 Tore, 4 Vorlagen Der Wattenscheider Torgarant hat eine bewegte Vita hinter sich. Nach einigen Einsätzen in der 3. Liga wanderte er aufgrund mehrerer Raubüberfälle für drei Jahre ins Gefängnis. Nach seiner Entlassung startete er in der Oberliga sein Comeback. Seit Saisonbeginn stürmt er für den Essener Ligarivalen. Und das sehr erfolgreich. Keita-Ruel ist in der Offensive vielseitig einsetzbar, elf Tore sprechen für seine Qualitäten im Abschluss. Das Essener Interesse ist bekannt. Doch auch der KFC Uerdingen und die Drittligisten Hallescher FC und Fortuna Köln sind auf den 27-Jährigen aufmerksam geworden.
Mergim Fejzullahu (23, Alemannia Aachen) Bilanz 2016/17: 25 Spiele, 8 Tore, 2 Vorlagen Von seinen Qualitäten konnten sich die Essener vor einigen Wochen im Heimspiel gegen die Alemannia überzeugen. Bei der 1:2-Heimniederlage gegen Aachen wirbelte der 1,73 Meter große Fejzullahu die RWE-Defensive kräftig durcheinander. RWE-Manager Jürgen Lucas hat eingeräumt, dass der ehemalige Düsseldorfer ein interessanter Mann für Essen sei.
Philipp Gödde (22, Alemannia Aachen) Bilanz 2016/17: 29 Spiele, 7 Tore Ebenfalls in Aachen spielt ein klassischer Mittelstürmer, an den die Essener keine guten Erinnerungen haben. Vor einigen Wochen erzielte er an der Hafenstraße den Siegtreffer für die Alemannia. Schon im Trikot des FC Kray hat er gegen RWE getroffen. In Aachen hat der in der Schalker Jugend ausgebildete Gödde einen großen Sprung nach vorne gemacht. Inzwischen gehört er zum Stammpersonal des finanziell angeschlagenen Traditionsvereins. Der 1,92 Meter große Gödde ist körperlich robust, laufstark und hat seine Torquote in dieser Saison deutlich verbessert.
Michael Eberwein (21, Borussia Dortmund U23) Bilanz 2016/17: 28 Spiele, 11 Tore, 5 Vorlagen Der wohl klangvollste Name aus dieser Liste. Michael Eberwein galt einst als Toptalent beim FC Bayern München. In zwei Jahren beim BVB kam er bis dato nicht über die U23 hinaus. Der beidfüßige Mittelstürmer wird mit einem Wechsel in die 2. oder 3. Liga spekulieren. Ein Transfer nach Essen ist unter diesen Umständen äußerst unwahrscheinlich.